Erst als ich das zweite mal in dieser Nacht am Ruder stehe bin ich voll wach. Ich registriere endlich genau, was um mich her vorgeht und muss mich nicht so stark aufs Steuern konzentrieren. Wind und Wellen haben noch etwas zugenommen. Bei größeren Wellen wird die Thor lebendig und beginnt auf ihnen hinabzugleiten. Zu beiden Seiten spritzt die Gischt.
Einige male brechen die Wellen neben dem Heck und riesige Wassermassen ergießen sich über das Achterdeck. Zum ersten mal genieße ich, wie der Regen von hinten auf meine Jacke fällt und der Wind an mir zerrt. Nur selten habe ich mich so gut gefühlt.
Die Biskaya versucht ein letztes Mal, uns zu fordern. Aber diesmal sind wir ihr gewachsen, im Laufe der Reise haben wir mehr Vertrauen in die Möglichkeiten, aber auch Einsicht in die Grenzen der Thor erhalten.
Um vier ist die Wache vorbei und kurz darauf liege ich in der Koje. Das Hochgefühl hält noch an, ich denke an meine Freundin und wünsche sie hierher, meine Freude mit ihr zu teilen. Vergessen sind die Strapazen der letzten Wochen, die eisige Kälte im Kanal und die Gewitter in der Biskaya.
Da wir unserem Fahrplan hinterher sind, muss der nächste Crewwechsel in Porto, statt wie geplant in Lissabon, stattfinden.